Das ideale Arbeitspferd - Traum oder Wirklichkeit?

Das ideale Arbeitspferd - Traum oder Wirklichkeit?

Manu de Meulenaer – IDAC - FECTU

Pferde-Menschen denken mit ihrem Herzen, wenn sie sich Pferde oder Ponys anschaffen wollen. Das bedeutet, sie entscheiden sich für das, was sie mögen, nicht unbedingt für das, was sie benötigen. Sie würden niemals ein Auto in derselben Art kaufen, wie sie ein Pferd kaufen, und tatsächlich sollten sie es auf diese Weise tun. Die Fragen, die sich stellen, sind : ist das Pferd einfach zu finden, einfach zu ersetzen, passt es zu meinem Geschirr, was wird es kosten (Hufschmied, Futter- und Stallkosten…), ist es bereits ausgebildet, lässt es sich einfach mit einem zweiten zusammenspannen… und zum Schluss, was will ich eigentlich haben? In der Tat, das falsche Pferd am falschen Platz ist ganz oft ein Grund, die Bio-Maschine aufzugeben.

Wer an Arbeitspferde denkt, meint meistens Kaltblutpferde, aber die Wirklichkeit lehrt uns, dass nur 10% der Arbeitspferde auch Kaltblutpferde sind. Die meisten Zugpferderassen haben Probleme mit den Beinen, z.B. mit Mauke, und sie werden seit Jahrzehnten vorwiegend für den Fleisch-Markt gezüchtet; eine Selektion auf Arbeitsfähigkeit findet kaum statt, sie haben Probleme mit der Ausdauer…nur einige wenige Zuchten betrachten die Eignung zum Arbeitstier als Auswahlkriterium.

 

Wenn man sich bei den sogenannten „Kleinpferden“ umsieht, dann hat man wahrscheinlich mehr Chancen, einen Arbeitspartner zu finden; aber man muss die Begrenztheit ihrer Zugkraft berücksichtigen. Sollen 20 ha schwerer Lehmboden bearbeitet werden,  kommen nur Kaltblutpferde in Frage. Falls man eine kleine Landwirtschaft von 4 – 5 ha, einige Kinder sowie Interesse am Reiten und Fahren hat, dann lautet die Antwort: Kleinpferd. Es ist leichter zu finden, ist billiger in Bezug auf Fütterung, Beschirrung und Beschlag. Bestimmte Zuchten verkörpern das Sport-Pony. Andere Rassen, wie die britischen Rassen der Berg- und Moorgebiete, können sehr teuer sein und sie sind meistens roh, d. h. nicht gearbeitet. Aber Rassen wie Fjord, Konik, Huzule, Bosniake können sehr wohl passen.

 

Wenn man den Veröffentlichungen zum Thema folgt, so wird keine Rasse den modernen Herausforderungen von Pferde-Kraft besser genügen als die Schweren Warmblüter. Leider sind die letzten im wirklichen Arbeitspferdetyp beinahe ausgestorben. Die meisten dieser Rassen wurden oder werden zu modernen Sport- oder Fahrpferden umgezüchtet. In bestimmten Rassen, z.B.  Groninger, Ostfriese, Slaski, Freiberger…, sind noch einige Pferde im Arbeitstyp übrig geblieben; mit diesen müsste unbedingt weitergezüchtet werden!

 

Ein erfahrener Fuhrmann kann ohne weiteres das Exterieur des perfekten Arbeitspferdes beschreiben, aber für ihn sind die geistigen Fähigkeiten seines Arbeitspartners zu 95% ausschlaggebend, d.h. das, was sich „in seinem Kopf“ abspielt. Das aber kann man nur dann abschätzen, wenn bei der Rasse strenge Zuchtselektion betrieben wird. Das Fjordpferd ist beispielhaft für alle Rassen, die den Anspruch erheben, Arbeitspferde zu sein, gleichgültig, ob Zugpferde, Pferde oder Ponys.

 

Wenn vom guten Charakter des Arbeitspferdes die Rede ist, dann soll es vor allem um eines gehen, um Polyvalenz: Ein Pferd mit Temperament, dennoch immer gelassen, bereit zu laufen und zu arbeiten, ausdauernd und robust mit einer soliden Grundeinstellung, ein Pferd, das sich auf seine Arbeit konzentriert, ohne durch andere Pferde abgelenkt zu werden.

Das Exterieur des Pferdes soll zu seiner Hauptaufgabe passen: Kurz und stark auf vier kräftigen und wohl geformten Beinen und Hufen, wenn ich ein Holzrückepferd suche; großrahmig mit langem Hals, kräftiger Hinterhand und stählernen Gliedmaßen, wenn ich ein Wagen- bzw. Kutschenpferd brauche.