Das Winzerpferd - Beiträge

Das Winzerpferd

Jean-Léo Dugast - FECTU

Isis, die Bretonenstute, schreitet langsam durch eine  herbstlich gefärbte Parzelle des Weinguts Clos des Capucins am Fuße der Zitadelle von Chinon und zieht einen Pflug, der die Füße der Rebstöcke mit Erde bedeckt. Diese Arbeit ist vor vier Jahren noch von einem Traktor verrichtet worden. Wie andere Weingüter, kleine und große, hat sich das Clos des Capucins wieder auf den Einsatz von Pferden besonnen. Die Rückkehr der Arbeitspferde in die Weinberge ist sicher noch recht bescheiden, wenn man die Ausdehnung der französischen Weinbaugebiete in Betracht zieht, aber sie gewinnt ganz offensichtlich an Bedeutung, besonders auf den Flächen, die biologisch oder biodynamisch bewirtschaftet werden. Wenn die Wiedereinführung der Zugtiere zunächst in Burgund oder im  Bordelais an Bedeutung gewann, so ist das Phänomen nunmehr in allen französischen Weinbaugegenden zu beobachten. In Regionen wie der Champagne oder dem Tal der Loire, in denen nur sehr wenige Weinbaubetriebe auf Pferdearbeit zurückgriffen, setzen immer mehr Besitzer von Weingütern auf die Verwendung von Zugpferden.

Zur Zeit gibt es noch keine verläßlichen Angaben zu den Flächen, die mit Pferden bearbeitet werden. Auch zu den betroffenen Arbeitskräften gibt es keine Zahlen, ob es nun die Winzer selbst, eigenständige Dienstleister oder Angestellte eines Weinguts sind. Der Beruf des Weinbauers, der auf Pferdearbeit spezialisiert ist, entwickelt sich zwar stark, aber er ist nicht ausreichend strukturiert und nicht organisiert, es gibt weder eine nationale Berufsvertretung, noch eine Vereinigung oder einen gewerkschaftlichen Zusammenschluss. Je nach Region werden die Pferdeführer zu unterschiedlichen Tarifen entlohnt, die zwischen 60 und 70 Euro die Stunde variieren. Einige wollen lieber nach Flächenleistung bezahlt werden.

Verschiedene Weingüter, die ihre eigenen Pferde einsetzen, greifen gelegentlich auf externe Dienstleister zurück, wenn die Dringlichkeit der Arbeit zusätzliche Gespanne erfordert oder wenn es Schwierigkeiten mit den eigenen Tieren gibt. Die Renaissance des Einsatzes von Pferden bei der Weinproduktion hat sich als  tragfähiges Modell erwiesen und ist keineswegs eine Modeerscheinung, auch wenn damit eine gewisse Publikumswirksamkeit verbunden ist.

Das Pferd als fleißiger Knecht arbeitet sehr präzise bei den verschiedensten Durchgängen wie Pflügen, Häufeln, Striegeln usw. und hinterlässt die Rebstöcke absolut unangetastet. Die Vorteile betreffen auch den Boden selbst. Dessen Verdichtung ist beim Pferdeeinsatz erheblich geringer. Während die Traktoren  durchgehende Streifen verdichteter Erde zurücklassen, verdichtet das Pferd die Erde nur dort, wo es seine Füße hinsetzt.

Wenn dann auch  noch die Verdichtung durch die  Vibrationen des Traktors ausbleibt, dann erbringen die Vorteile des Pferdes eine Steigerung der biologischen Aktivität des Bodens von mehr als 40%.  Der Verzicht auf chemische Unkrautbekämpfung und die steigende Bedeutung biologischer und biodynamischer Anbaupraktiken tragen zusätzlich dazu bei, dass das neuerliche Interesse für Arbeitspferde zunimmt.

Die Verwendung von Zugtieren war übrigens nie völlig aus den Gegenden verschwunden, in denen der Weinbau auf Terrassen oder in Steillagen den Einsatz von Traktoren oder Raupenschleppern sehr schwierig machte. Die schonende Arbeit der Gespanne wird darüber hinaus besonders bei der Bearbeitung junger oder sehr alter Rebstöcke  geschätzt. Diese Renaissance der Arbeitspferde hat auch zur Entwicklung und Konstruktion neuer Geräte für den Weinbau geführt, die den alten Geräten nachempfunden sind, deren Herstellung aber auf neue Technologien und Materialien zurückgreift. Seit einigen Jahren stellen verschiedene Hersteller ihre Produkte in kleinen Serien her, ein untrügliches Zeichen für die wachsende Bedeutung eines modernen Einsatzes von Arbeitstieren.